Die Vorfreude steigt. War da nicht ein Rumpeln im Kamin zu hören? Und woher kommt dieses leise Klingen, wie von Glöckchen an einem Schlitten? Die Zeit kurz vor der Bescherung ist der Moment, in dem die Spannung insbesondere für die Kinder kaum noch auszuhalten ist. Und plötzlich liegen sie da, die kleinen und großen Päckchen unterm Weihnachtsbaum.
Doch wer hat sie jetzt eigentlich gebracht? War es der Weihnachtsmann im langen roten Mantel und mit Rauschebart oder doch das engelsgleiche Christkind im weißen Kleid mit goldenen Sternen darauf?
„Geschenkebringer“ mit Tradition
Wer für die „Geschenkelieferung“ am Heiligen Abend zuständig ist, hat zumeist in der Familie schon eine lange Tradition. War es bei den Eltern und Großeltern der Weihnachtsmann, so wird dies aller Voraussicht nach auch bei den Kindern und Enkeln der Fall sein. Beim Blick auf die Deutschlandkarte lassen sich regional verschiedene Schwerpunkte ausmachen.
So ist Christkind insbesondere in Süd- und Südwest-Deutschland unterwegs, das gilt auch für die westlichen Landesteile. Anders sieht es häufig in den Gebieten Nord- und Ostdeutschlands aus. Hier dreht vor allem der Weihnachtsmann mit dem großen Sack voller Geschenke seine Runden. Warum das so ist, lässt sich zwar nicht bis ins Detail, aber dennoch in weiten Teilen nachvollziehen.
Am Anfang war der Nikolaus
So weiß man, dass es im 16. Jahrhundert auf jeden Fall noch der Nikolaus war, der den Kindern die Geschenke brachte. Allerdings noch nicht am 24. Dezember, sondern am Vorabend des 6. Dezembers, der auch heute noch als Nikolaustag begangen wird. Dieser Brauch geht auf den Bischof von Myra zurück, der bis Mitte des vierten Jahrhunderts in der Türkei gelebt haben soll.
Dieser Bischof, Nikolaus mit Namen, war den Überlieferungen zufolge ein hilfsbereiter und großherziger Mensch, dem insbesondere die Kinder am Herzen lagen. Selbst finanziell gut gestellt, soll er demnach nachts unerkannt den armen Menschen Gaben und Geschenke vor die Tür gelegt haben. Sein Todestag war der 6. Dezember. Ihm zu Ehren entwickelte sich der Brauch, an diesem Tag anderen Menschen eine Freude zu machen und sie zu beschenken.
Mit der Reformation kam das Christkind
Diese Heiligenverehrung war Martin Luther im 16. Jahrhundert indes ein Dorn im Auge. So musste eine „Alternative“ her, denn die protestantische Bevölkerung sollte natürlich nicht auf die milden Gaben verzichten müssen. Auf seine Initiative hin sollte künftig der „Heilige Christ“ die Geschenke bringen, aber nicht am Nikolaustag, dem 6. Dezember. Und er verlegte die Bescherung kurzerhand auf den Weihnachtsabend.
Aus dem „Heiligen Christ“ entwickelte sich die Verniedlichung „Christkind“, das meist als eher weibliche Figur mit Engelsflügeln dargestellt wurde. Dieser Brauch wurde etwa zum Ende des 19. Jahrhunderts herum zunehmend auch von den Bewohnern der katholischen Regionen übernommen; zum Beispiel im Rheinland und in Bayern.
Christkind und Weihnachtsmann – ein Seitenwechsel
Rückblickend mag es widersprüchlich erscheinen, dass insbesondere die Protestanten den Brauch des Christkindes pflegten. Schließlich ist es heute in der Regel umgekehrt. Zunächst wandelte sich der Nikolaus im Laufe der Jahrhunderte optisch immer mehr.
Aus dem Bischof wurde eine Gestalt mit langem Mantel, Bart und Rute in der Hand. Diese Attribute übernahm er auch von seinem Begleiter, Knecht Ruprecht, mit dem er zunehmend verschmolz. Auch der Hut des Bischofs erinnerte immer öfter an eine Mütze. Irgendwann tauchte der Begriff des Weihnachtsmannes auf, ein „Trend“, der durch Hoffmann von Fallersleben und seinen Liedtext „Morgen kommt der Weihnachtsmann“ von 1835 noch verstärkt wurde.
In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts vollzog sich dann der „Seitenwechsel“. Während die katholischen Kinder das Christkind favorisierten, hielt der Weihnachtsmann bei den Protestanten Einzug.
Ein friedliches Nebeneinander
Heute „leben“ Weihnachtsmann, Christkind und natürlich der Nikolaus in friedlicher Koexistenz. Weihnachten ist zum fröhlichen Familienfest geworden, mit Tannenbaum, Festtagsbraten und Geschenken. Und für die Kinder spielt es ohnehin keine Rolle, wer wo die Geschenke bringt. Das Wichtigste ist für sie doch, dass es überhaupt welche gibt …